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Erster Post, 2. Februar
Für Anette stand es nie zur Debatte, Unterricht zu schwänzen. Das hält sie bis heute noch so. Nicht, weil sie die möglichen Konsequenzen fürchtet. Sie ist neugierig und überaus wissbegierig, darüber hinaus behält sie gerne die Kontrolle und lässt sie sich auch ungerne nehmen. Den neuen Muggelkundeprofessor bedarf es darum einer eingehenden Musterung, sie will wissen, mit wem sie es die nächsten beiden Schuljahre zu tun bekommt. Mit wem sie sich gut stellen muss, damit ihre Noten auch so vortrefflich bleiben. Muggelkunde bedeutet für sie Macht. Diese Macht hat sie nicht vor aus den Händen zu geben. Das legt nahe, dass sie das Fach auch gerne bis nach den ZAG-Prüfungen behalten würde. Es stört sie nicht im Geringsten, dass ihre Hauskameraden mehrheitlich gegen das Fach sind und deswegen auch sie schief anschauen und mit der Nase rümpfen. Sie ignorieren die Möglichkeiten, die ihnen auf dem Weg Macht, über die Muggel zu erlangen, Türen öffnen könnten. Sie war bereit diesen Weg einzuschlagen, aber sie ist auch nie dem Wahn von reinem Blut verfallen, wie der ein oder andere ihrer Hauskameraden. Aber vielleicht sind einige auch unwissend. Vielleicht ist es nicht ihr reines Blut, das sich zu fein für Muggelkunde ist, vielleicht ist es ihr Mangel an Intelligenz. Wenn man nicht weiß, wie man das Fach zu seinem Nutzen gebraucht, ist es auch reine Zeitverschwendung, sich mit der Muggelkunde zu beschäftigen. Für sie war es das nie gewesen. Im Gegenteil. Es ist nicht einmal eine Genugtuung für sie, dem Muggelkundeunterricht beizuwohnen und sich im Raum umzusehen, der wie selbstredend größtenteils mit muggelstämmigen Schülern übersät ist, und zu wissen, dass je mehr sie in an Informationen in sich aufsaugt, sie an Verständnis für das große Ganze heranwächst. Unter Umständen zu einem Menschen, der sich nicht davor scheut, seine Macht zu seinem eigenen Nutzen zu missbrauchen. Ihre Eltern würden zutiefst schockiert sein, schließlich ließ sie sie lammfromm in dem Glauben, dass sie einmal in ihre Fußstapfen treten würde und sich für das Wohl der Zauberergesellschaft einsetze. Ihr war es niemals um das Wohl der anderen gegangen. Sie ist an ihrem Wohlbefinden interessiert, seit langer Zeit. Die Zeit, in der das noch nicht so war, die ist lange vorbei. Und Anette hat sie mit bestem Gewissen in die Tiefen ihres Unterbewusstseins verdrängt.
Mit einem süffisanten Kleinmädchenlächeln, schwebt die Slytherin engelsgleich um die Ecke und findet sich gegenwärtig im Korridor zum Muggelkundezimmer wieder. Ihr seidengleiches blondes Haar fällt ihr in voller Pracht über die zierlichen Schultern und reflektiert das schwache Tageslicht, das durch die Fenster fällt. Anette gefällt das trüb schimmernde Grau nicht, das ihre Haare matt und bleich aussehen lässt. Es ist ihr ein dringendes Bedürfnis sich von ihrer besten Seite zu zeigen, darum fasst sie die Haare kurzerhand zu einem hohen Zopf zusammen, um diesen dann einzudrehen und zu einem strengen Dutt zu binden. Das hochgesteckte Haar streckt den zierlich gebauten Körper des Mädchens und legt ihren zarten, gebrechlich aussehenden Hals frei. Es macht sie älter, als sie auf den ersten Blick aussieht und will nicht recht zu ihrem kindlichen Gesichtsausdruck passen, der von einer Minute zur anderen von gutmütig zu bösartig wechseln kann. Anette setzt ein erwartungsvolles Lächeln auf und streicht zufrieden über das zartrosafarbene Kleid, das mit seiner großen weißen Schleife um die Taille, fehl am Platz wirkt. Aber das stört das Mädchen ebenso wenig, wie die nervösen Blicke einiger jüngerer Mitschüler, die sich allmählich vor dem Muggelkunderaum eingefunden haben. Während sie innerlich mit ungeduldiger Anspannung die Ankunft des neuen Professors erwartet, strahlt sie äußerlich eine scheinbar unerschütterliche Ruhe aus. Den Eintreffenden schenkt sie ein überspitzt, liebenswürdiges Lächeln, dessen man sich nicht sicher ist, ob es Wahrheitswert besitzt oder doch nur Hinterlist.
--> Muggelkunde
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