Freitag, 20. November

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Homo doctus in se semper divitias habet.
(Ein gebildeter Mensch hat immer Reichtum in sich.)

1. Post

Ja, sie hat nun doch ein schlechtes Gewissen. Zwar weiß sie nicht, ob er ihr nicht auch fremdgegangen ist, aber dafür weiß sie ja sicher, dass sie es getan hat. Ausgerechnet sie. Ausgerechnet sie, die immer gedacht hat, dass es an ihm scheitern wird, wenn sie es denn mal wirklich gemeinsam wagen. Und nun wagen sie es und sie baut Mist. Verdammte Scheiße. Wieso auch musste er bloß Champion werden? Das ist so unfair. Nun steht schon wieder etwas zwischen ihnen. Wieso haben sie nicht einfach beide darauf verzichtet, ihren Namen in den Kelch zu werfen? Oder wieso ist es nicht einfach keiner von ihnen geworden? Elizabeth hasst es, dass sie nicht einfach eine normale Beziehung führen können. Was würde sie dafür geben, wenn sie das könnten. Doch das ist ihnen nicht vergönnt. Wird es nie sein.
Die hübsche Engländerin seufzt und versucht sich wieder auf das Buch zu konzentrieren. Diplomatie und Politik. Kein Fach, das sie belegen darf und dennoch lernt sie schon seit Jahren diesen Stoff mit. Genauso wie alles andere, das Horatio lernt. Niemand an der Schule lernt mehr als sie. Wird mehr wissen als sie. Zum Glück muss sie sich nicht alles erlernen, sondern versteht Zusammenhänge beinahe sofort und kann sich Dinge schnell und andauernd einprägen. Sonst würde sie diese doppelte Belastung niemals schaffen können. Doch sie will es einerseits schaffen und muss es andererseits auch, denn sonst müsste sie womöglich trotz ihrer Schuldbildung in die Fußstapfen ihrer Eltern treten und das will sie nicht. Sie strebt nach mehr und ist bereit, dafür auch mehr zu leisten. Daher sitzt sie nun wieder allein in der Großen Halle am Tisch der Slytherins und liest einiges über die politischen Systeme anderer Länder, sowohl magisch als auch muggelig. Natürlich macht sie sich auch Notizen dazu, damit es sich besser einprägt. Als sie damit fertig ist, bedient sie sich einer Biographie eines Deutschen, um mehr um diplomatisches Geschick und Ränkeschmiederei zu lernen. Kaum einer ist besser dafür geeignet als Bismarck. Elizabeth ist neidisch auf dessen Fähigkeiten, alle gegeneinander auszuspielen. Aber sie ist jung und vielleicht schafft sie es auch, sich so zu entwickeln. Natürlich nur, um der Welt Gutes zu tun. Im Grunde hat sie mit der Ränkeschmiederei schon längst begonnen. Anders kann man sich ihr bisheriges Handeln kaum erklären. Wollte sie nicht eigentlich damit aufhören? Aber wie soll man sonst in einer Welt bestehen, in der man nichts wert ist? Irgendwie muss man sich doch beweisen und durchsetzen. Dieses Jahr will sie es mit dem besten Abschluss der Schule schaffen. Und nächstes Jahr.. wer weiß?

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[Erstes Posting]

Es ist wie ein Spiel. Wie 'Verstecken', beispielsweise, oder eines von diesen, bei denen man zu Anfang nicht so genau weiß, wer einem selbst wohlgesonnen ist und wer nicht. Natürlich gehört der Großteil der Schüler zu Hogwarts, und da häufig Unterricht stattfindet - sogar Mittwochs, die Armen -, kleidet sich dieser Teil oft in die Schuluniform. Diese ist im Übrigen wesentlich besser an die Temperaturen angepasst als jene der Beauxbatons, aber weniger arktisch als die der Durmstrangschüler.
Die Schüler von Beauxbatons sind Madeleine durchaus bekannt, zumindest hat sie sie bereits zuvor an ihrer Schule gesehen und kann sie vom Rest der Jugendlichen unterscheiden. Aber wer - abgesehen von den Champions - zu Hogwarts und wer zu Durmstrang gehört, lässt sich meist nur erraten. Immerhin tragen manche ja auch scheinbar Tag und Nacht ihre Uniform, vermutlich, um eine Art Patriotismus zu Schule und Heimatland zu demonstrieren.
Und sie selbst? Sie reiht sich beizeiten ein in dieses kleine Versteckspiel, schlendert - wie jetzt - ohne ihre Uniform herum, versucht, möglichst akzentfrei Englisch zu sprechen, besucht ein paar Unterrichtsstunden auf Hogwarts. Einmal hat sie sich sogar gemeldet und wurde aufgerufen, bei einem etwas verpeilten Professor, der allgemein nicht genau zu wissen schien, wer seine Schüler sind. Sie hatte nur kurz und knapp eine Verwandlungsformel genannt, um aufgrund ihres Akzents nicht sofort als 'Fremdling' erkannt zu werden, auch wenn ein paar Schüler sie neugierig zu mustern schienen. Zumindest war die Formel richtig und auch diejenige, auf die der Lehrer abzielte. Was Lène sehr erfreute.
Allerdings hat ihr dies auch nicht mehr Kontakte beschert; sie verkehrte bisher lediglich mit einigen Mädchen und Jungen ihrer Schule, die sie zuvor kennen gelernt hatte. Kein Wunder, wenn man den anderen automatisch ein 'Bitte nicht stören'-Schild umhängt und sich selbst eines mit 'Dezent und unaufdringlich, bitte ansprechen!'. Darauf reagiert doch keiner, besonders nicht, wenn es ein unsichtbares Schild ist, das sich höchstens in einem schüchternen Lächeln offenbart. Und was wäre, wenn sie falsche englische Begriffe benutzt? Sich verhaspelt? Tja, bis sie sich einen Satz zusammengestückelt hat, hat der Gegenüber längst ein Gespräch mit jemand anderem begonnen. Vielleicht mit einem unbefangeneren Gastschüler, der zwar ein paar Fehler einbaut, die Lène mit einem Stirnrunzeln zur Kenntnis nimmt, der aber Gesellschaft genießt und sich möglicherweise einen neuen Freund schafft.
Es wird Zeit zum Handeln. Doch wie wirft man diesen Ballast der selbst aufgedrängten Perfektion ab, mon Dieu?
Dieses Mädchen hier, zum Beispiel. Madeleine weiß nicht, ob sie zu Hogwarts oder Durmstrang gehört, ob sie sich etwas aus dem Turnier macht oder nicht und ob sie auf Kontakteknüpfen aus ist oder sie sofort wieder verscheuchen wird. Alles, was sie sieht, ist, dass sie an einem der Haustische in der Halle sitzt und ein knielanges, schwarzes Kleid trägt. Sie hat ein paar Bücher vor sich auf dem Tisch, dazu ein Blatt mit Stichpunkten. Mehr kann Léna nicht erkennen, sie möchte ihr nicht zu sehr auf die Pelle rücken, obwohl sie schräg hinter der Unbekannten steht und diese sie wohl noch nicht bemerkt hat.
Sie wird einfach fragen, ob sie sich setzen darf. Und dann krampfhaft versuchen, auf ein sinnvolles Thema zu kommen. Oder soll sie sie doch lieber arbeiten lassen? Nein, Madeleine, jetzt keinen Rückzug ansagen, die neue Taktik ist noch nicht einmal ausprobiert. Husch!
"Versseihung, darf ich mich setzen?", fragt sie halblaut auf Englisch, nachdem sie sich auf der Gegenüberseite positioniert hat. Sie hat dem Mädchen noch nicht einmal ins Gesicht gesehen, eine gewisse Nervosität hat von der Gastschülerin Besitz ergriffen. Soll sie einfach ihren Namen nennen und sagen, dass sie von Beauxbatons kommt? Was soll die andere kontextlos mit dieser Information anfangen? Lénas Blick flackert von einem Detail zum nächsten, von dem Notizzettel zum Einband des Buches, das die Fremde zum Lesen vor sich hält. Bismarck steht da, und eine Titelergänzung in fremder Sprache. Vielleicht ist sie ja aus Durmstrang? Aber sie könnte auch eine Hogwartsschülerin sein, die gern international liest. Außerdem ist Bismarck bekanntermaßen kein Engländer, da gibt es eventuell weniger Fachliteratur auf Englisch.
"Du lernst Politique?", stellt Madeleine die nächste Frage. "Für Geschichte?" Und, weil sie nun mal Madeleine und nicht Miriam oder Marie-Jeanne ist: "Darf ich dich über'aupt stören?"

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Irgendwie will das mit der Lektüre nicht so wirklich klappen. Immer wieder schweifen ihre Gedanken ab. Konzentration scheint gerade nicht ihre Stärke zu sein. Manchen Satz hat sie nun schon vier Mal gelesen, ohne dass er wirklich in ihr Bewusstsein gedrungen ist. Ständig kreisen ihre Gedanken um das verfluchte Turnier. Sie fragt sich, welche Aufgaben die Champions wohl erwarten werden. Wie sich Horatio schlagen wird, wie er sie lösen wird und ob sie es vielleicht besser gekonnt hätte. Von den Auserwählten der anderen beiden Schulen hält sie nicht besonders viel. Der Franzose scheint eine große Klappe zu haben, aber nichts dahinter. Zumal an ihrer Schule nicht einmal Verteidigung unterrichtet wird. Wie will er da denn bestehen? Der Kandidat von Hogwarts hingegen genießt Verteidigungsunterricht und anscheinend auch noch bei einer guten Professorin, wie sie Rhyll immer schwärmen hört. Allerdings scheint er zu sehr mit sich selbst beschäftigt zu sein anstatt mit dem Turnier. Das kann ja nur schief gehen. Bleibt also nur Horatio übrig. Elizabeth zweifelt nicht daran, dass er das Turnier gewinnen kann. Das einzige, was ihm vielleicht zum Verhängnis werden könnte, ist seine Überheblichkeit. Damit wird er sich wohl erstens unbeliebt machen und zweitens könnte es dadurch zu Fehlern kommen. Womöglich sieht er auch nicht gleich den leichten Weg um mit einer Aufgabe fertig zu werden und will sie umso schöner lösen, indem er sein Können zeigt. So etwas kann nach hinten losgehen. Irgendwie wünscht sie sich, dass er zumindest teilweise versagt. Auf der anderen Seite liebt sie ihn und er ist ihr bester Freund, weswegen sie ihm jedwedes Glück wünscht und – auch wenn sie das nicht zugeben mag – doch auch ein wenig Angst hat, dass er verletzt werden könnte.
Hach, bei solchen Gedanken gerät Bismarck ja beinahe in Vergessenheit. Vor allem, als sie dann auch noch von einem Mädchen mit französischem Akzent angesprochen wird. Ob sie sich setzen darf, fragt sie. „Natürlich.“, ist Lizas lächelnde Antwort. Ist ja ein freies Land und ablenken könnte die Beauxbatons sie sowieso nicht von der Lektüre, denn das übernimmt sie schon schön selbst. „Nicht wirklich. Eher für das Leben.“ Abermals ein Lächeln, dieses Mal aber ernster. Doch die Ernsthaftigkeit bleibt nur einen Moment bestehen, denn im nächsten schmunzelt die Engländerin. „Nein, du störst nicht. Ich kann mich heute sowieso nicht wirklich konzentrieren. Da ist ein wenig Gesellschaft vielleicht sogar gut.“ Ihren Worten entsprechend schlägt sie nun das Buch zu, klappt den Block für ihre Notizen zu und bildet mit beidem einen Stapel, ehe sie die Französin wieder freundlich ansieht. „Mein Name ist Elizabeth. Durmstrang ist meine Schule. Und du bist eine Beauxbatons, nehme ich an?“ Ein bisschen Konversation könnte sie wohl wenigstens von diesem ständigen Ärgernis Horatio ablenken.

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Die Erleichterung wird Lène ins Gesicht geschrieben sein. Kein unfreundliches Abwehren, im Gegenteil - die junge Frau räumt ihre Unterlagen in einem Stapel zusammen und spielt den Ball zurück, metaphorisch. Mit Informationen und Fragen.
Madeleine lächelt breiter, streicht sich eine abgerutschte Strähne zurück. "Ja, das stimmt. Madeleine Leclerc", antwortet sie möglichst flott und nennt ihren melodisch gluckernden Namen. "Leider nicht die Championne meiner Schule..." Ein leises Seufzen mit kurz gesenktem Blick. Dann sieht sie Elizabeth, die nicht nur einen englischen Namen hat sondern auch die Sprache sehr akzentfrei zu beherrschen scheint, wieder direkt an. "'ättest du bei dem Turnier antreten wollen, oder bist du einfach eine... unterstützende Begleitung?" Immerhin hatten sie die Möglichkeit, sowohl als potenzielle Turniermitglieder als auch als Freunde, Familienmitglieder (man sehe sich nur einen guten Teil der Beauxbatons-Delegation an) und Mitapplaudierer hierherzukommen.
Madeleine selbst hat die Tatsache, nicht für ihre Schule antreten zu können, mittlerweile weggesteckt, wenn auch noch eine Restenttäuschung übrig ist. Mit Grégory hat sie nicht mehr viele Worte gewechselt, er scheint sich ohnehin eher für den Teil der Mädchen mit dem koketten Augenaufschlag und den knappen Röcken (und das trotz der Temperaturen, mon Dieu! Wenn sie wenigstens dickere Strümpfe darunterzögen, aber nein, mann muss ja Fleisch zu sehen bekommen. Ob es blau angelaufen noch genauso ansehnlich ist?) zu interessieren. Und eine emanzipierte Stimme in ihr quiekt bei jeder Begegnung mit ihm herum, dass sie - Lène - mindestens genaus geeignet für das Turnier wäre. Aber was soll man schon dagegen machen? Sie glättet ihre gerunzelte Stirn und versucht, Elizabeth wieder freundlicher entgegenzublicken.

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