Mittwoch, 2. September, 8 Uhr.

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Homo doctus in se semper divitias habet.
(Ein gebildeter Mensch hat immer Reichtum in sich.)

Erster Post

Warum sind die Nächte eigentlich immer so kurz? Nach dem Festessen ist sie mit Ida zusammen natürlich stracks in den Gemeinschaftsraum gegangen – die kleine Klettertour der Freundin über eine der Treppen mal ausgenommen – und dann natürlich auch direkt in den Schlafsaal marschiert. Die lange Zugfahrt macht dann ja doch müde. Und dann? Tjaaaa… an Schlafen war dann natürlich nicht mehr zu denken. Klar, Ida hat ihre eigene Stufe und ist mit denen dann auch im Schlafsaal versackt. Genau wie Elena. Man hat sich schließlich zwei Monate nicht gesehen und da ist unglaublich viel Gesprächspotential. Das ging dann… lange. Bis weit nach Zapfenstreich. Aber hey, das ist doch auch egal, immerhin sind sie nicht draußen herumgelaufen. Professor Amundsen ist jetzt auch nicht so der Typ, der des Nachts im Schlafsaal auftaucht und nach dem Rechten sieht. Vielleicht war er im Gemeinschaftsraum und hat da die Nachtschwärmer ins Bett gescheucht, aber was Genaues weiß man halt nicht. Im Schlafsaal der Fünftklässlerinnen hat er sich jedenfalls nicht blicken lassen.

Kein Wunder also, dass sie nun die Nacht so kurz findet. Tief gähnend hockt Elena vor ihrem Porridge und versucht wach zu werden. Gut, wach ist sie. An zurechnungsfähig wird noch gearbeitet. Irgendwie ist sie froh, dass ihre erste Unterrichtsstunde nicht ein lahmes Fach wie Tränke oder Geschichte beinhaltet, sondern mit Kräuterkunde ein bisschen fordernder wird. Da wird man zwangsweise wach werden, wenn sie nicht irgendwas ins Gesicht kriegen will. Im Zweifel ist es der Drachendung, der die müden Lebensgeister weckt. Der Unterricht ist auch der Grund, weshalb die Brünette nicht ihre obligatorischen Flamingoohringe trägt, sondern einfach nur schlicht ihre Arbeitskleidung und keinen Schmuck. Besser ist es, wenn man im Dreck wühlt. Später kann (und muss) sie sich eh umziehen, da geht es dann wieder anders her.

Hm. Kräuterkunde. Mal sehen, mit wem sie das zusammen hat. Selbstverständlich hat sie noch nicht die Stundenpläne ihrer Freunde im Kopf – Kunststück, sie hat nicht mal ihren eigenen Stundenplan im Kopf, der kam ja erst gestern Abend auf ihr Bett geflattert. So schaut sie sich nun suchend um, ob sie einen ihrer Freunde an den Haustischen erblickt. Aber bisher… nicht.

Erstes Posting, 2. September

Morgens, 08:00 Uhr, Große Halle, Hogwarts.
Victoria Windsor, die Schuluniform akkurat, das blonde Haar offen und lediglich mit einer filigranen Haarspange geschmückt um die Strähnen am wandern zu hindern, sitzt an ihrem Haustisch. Eine Tasse Tee zum Müsli mit Früchten.
Ein ganz und gar normaler Anblick, möchte man meinen, wäre da nicht das große in Leder gebundene Buch, das aufgeschlagen gegen einen Krug Orangensaft lehnt und offenbar Toris ganze Aufmerksamkeit beansprucht. Demelza Hopkins – Theorien zur angewandten Magie bei Wirbeltieren.
Für einen Moment hatte Tori gezögert, als ihr der Gedanken in der Bibliothek kam, das interessant klingende Werk beim Frühstück genauer zu studieren, sich dann aber selbst davon überzeugt, dass sie hier wohl kaum jemand dafür rügen würde, sich schon bei der ersten Mahlzeit des Tages der Bildung hinzugeben. Und kaum in der Großen Halle angekommen, war der Hauch von schlechtem Gewissen (»Wenn man speist, dann speist man, und liest nicht, das ziemt sich nicht!«) nicht richtig zu handeln, sofort verflogen. Denn auch wenn die meisten in penetranter Lautstärke miteinander brabbelten und alle an ihrem Leben teilhaben ließen, ob man wollte oder nicht; der ein oder andere nahm sein Frühstück ebenso lesend ein, ganz, wie es die Prinzessin beabsichtigte zu tun.
Umso besser. Ein großes Buch schirmt neugierige Blicke auf sie genauso ab wie es lästige Mitschüler daran hindert sie in ein belangloses Gespräch zu verwickeln. Victoria ist sich zumindest sicher, dass sie das richtige Maß an Unnahbarkeit ausstrahlt ohne unhöflich und kalt zu wirken.
Davon abgesehen wandern ihre grünblauen Auge nach dem Ende jeder Seite kurz zur großen Flügeltür und dann hinüber zum Slytherintisch. Doch bisher keine Spur von Christina. Tori geht zwar nicht davon aus ihre beste Freundin verpasst zu haben, hat für sich aber längst die Möglichkeit eingeräumt ihrer Schwester im Geiste die vorbereitete Kleinigkeit, die die Trennung erträglicher gestalten soll, auch auf anderem Wege zukommen zu lassen, falls sie sich vor Unterrichtsbeginn nicht mehr sehen sollten und unterschiedliche Stundenpläne ebenfalls ein Treffen vereiteln.
Victoria weiß durchaus um ihre Fähigkeiten, dennoch ist sie stolz darauf, dass der Zauber, den sie in den frühen Morgenstunden in der Bibliothek nachgeschlagen hat, ohne nennenswerte Fehlversuche zum Erfolg geführt hat. Nun liegen sie neben ihr, die zwei kleinen Notizbücher in der genau richtigen Größe. Eigentlich identisch, eineiige Zwillinge, wenn man so möchte, liegt ihnen doch ein Duplicat-Zauber zu Grunde und dennoch äußerlich je ihren beiden Geschmäckern angepasst. Und auch, wenn es Tori niemals zugeben würde, ist sie innerlich aufgeregt, was Christina wohl zu ihrem Einfall sagen wird.

[Verwandlung]

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Zwischendurch ist niemand mehr von ihren Freunden gekommen. Hm. Oder sie haben sich einfach übersehen, das kann ja auch sein. Immerhin sind da ein Haufen Schüler in der Großen Halle zum Frühstück und Elena hockt gerade auch eher zwischen zwei größeren Mitschülern aus ihrem Haus. Mittlerweile ist sie übrigens auch nicht nur wach, sondern auch zurechnungsfähig. Und spät dran, wie sie mit einem Blick auf die Uhr bemerkt.
„Shit!“, flucht sie und versucht von der Bank zu kommen, ohne die älteren Gryffindors zu behindern, die nun leise glucksen und etwas beiseite rutschen. „Unterricht fängt gleich an. Für euch nicht?“, echauffiert sich die Flamingoliebhaberin und richtet ihre Kleidung ein bisschen, damit sie nicht zu wuselig und gehetzt aussehen würde. „Nee, Freistunde. Sorry!“, ruft ihr das Mädchen aus der 7. Hinterher, als Elena aus der Halle flitzt.

Wie ein begossener Pudel, weil … naja, den Schirmzauber hat sie vergessen in der Eile, kommt sie kurz nach Leyla am Gewächshaus Nr. 2 an und greift sich rasch noch ein Paar Ohrenschützer, ehe sie sich trocknet und dann einen Platz sucht. Professor Roots bekommt ein zerknirschtes Grinsen und ein „Morgen, Professor und ‘tschuldigung“ zugeflüstert, als sie an ihm vorbeihuscht. Aber der sagt nichts. Scheint noch im Rahmen. Huff. Gut.

(Kräuterkunde)