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Die Hände tief in den Hosentaschen vergraben steht Corwin beim See. Heute hat er keinen Unterricht, was aber eigentlich eh keinen Unterschied machen würde. Er beteiligt sich mündlich eigentlich kaum. In letzter Zeit ist es noch schlechter geworden. Ansonsten ist er eigentlich bemüht gut zu zuhören und die schriftlichen oder praktischen Aufgaben gut zu meistern. Wenn auch meist alleine. Man sieht ihn sowieso fast nur noch alleine. Er hat sich abgeschottet, ungewollt und ungeplant. Eigentlich hat es auch kaum einen Grund. Hat es überhaupt einen Grund?
Gedankenverloren starrt der 6.Klässler auf den See. Er vermisst seine Familie im Moment sehr. Und er hat das Gefühl, dass Mum und Dad ihn mehr brauchen als sonst. Aber das bildet er sich nur ein, weil er eh zuviel Zeit zum Nachdenken hat. Dadurch dass er sie so sehr vermisst, weil er kaum Kontakt zu seinen Freunden hat, denkt er ihnen geht es genauso. Dabei sitzen sie wahrscheinlich fröhlich in Chester und machen sich eine schöne Zeit. Er vermisst sein Muggel-Zuhause. Der Alltag hier ist doch ein gewaltiger Unterschied. Hier geht ja fast gar nichts ohne Zauberei. Alles schön und gut, zaubern macht Spaß und Corwin ist froh diese Fähigkeit zu haben. Aber irgendwie liebt er auch die Dinge die normale Muggel eben benutzen müssen, um klar zu kommen. Und diese sind ja keineswegs altmodisch. Die Muggel haben ja auch schon viele Dinge erfunden, von denen auch Zauberer überrascht sind.
Er vermisst es mal Kerzen zu sehen, die nicht vor ihm umher schweben. Er vermisst es mal auf Treppen zu steigen, die nicht ihre Richtung ändern. Er vermisst es ein Portrait anzuschauen, dass ihn mal nicht anspricht. Und trotzdem ist er wohl der einzige Schüler in diesem Schloss, der sowas überhaupt vermissen kann. Die würden ihn wahrscheinlich alle für verrückt halten. 'Wie kann man denn sowas vermissen?! Zaubern ist doch viel praktischer.' Er ist eben doch anders als die anderen.
Vielleicht ist das der Grund, dass er sich abgeschottet hat. Vielleicht hat er die Differenzen erkannt, die zwischen ihm und den anderen herrschen. Vielleicht ist er aber auch einfach nur zu abweisend zu ihnen. Er könnte ja auch auf sie zugehen. Mal wieder zu Rosie gehen, und sie zu fragen ob sie zusammen Zauberschach spielen oder so. Ist doch kein großes Problem. Sie sind doch beste Freunde. Oder waren es.
Waren sie es überhaupt? Das war doch irgendwie eh alles total überstürzt. Sie hatten damals einen Abend verbracht und gleich darauf waren sie beste Freunde. Kann das überhaupt so schnell gehen?
Na gut, es ist offensichtlich, dass sie Sympathien empfinden. Aber kann daraus sofort eine supertolle Freundschaft entstehen?
Warum hat er überhaupt diese Zweifel? Sie haben sich eigentlich immer super verstanden, bis auf die Zeit in der sie nicht bei ihm sein wollte, weil sie verliebt war. Aber das Thema hat sie dann ja abgehakt. Zwar ziemlich schnell, aber sie hat ihm versichert dass jetzt nur noch freundschaftlich empfunden wurde. Und damit war die Sache gegessen.
Aber wie ist der Kontakt "abgebrochen"? Klar ein paar Gespräche wurden noch geführt aber das sah eher nach Klassenkameradschaft, als nach Freundschaft aus.
Es scheint aber so, dass er derjenige ist, der ihr aus dem Weg geht. Dabei findet er Rosie doch unglaublich nett, hilfsbereit, einfühlsam, humorvoll. Und süß. Und hübsch. Und liebevoll. Ist das nicht genau die richtige Basis um mit jemanden befreundet zu sein?
Vielleicht ist es aber auch falsch. Und sein Gewissen befiehlt ihm, sich von ihr fernzuhalten. Sonst wird alles nur noch schlimmer.
Warum ist das Leben überhaupt so seltsam? Warum gibt es Gefühle? Was sind Gefühle überhaupt? Sind das nicht vielleicht einfach nur Einbildungen eines Menschen? Steigern wir uns nicht alle viel zu sehr in Gefühle hinein?
Steigern wir uns allgemein zu sehr in das Leben hinein? Stellen wir uns nicht einfach zu viele fragen auf die wir keine Antwort wissen. So wie jetzt gerade?
Seufzend fährt sich Corwin durch seine Locken. Irgendwie ist das hier alles falsch.
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